Seelenkinder und wie sie in ihrer Familie wirken
Sereina Heim, Kösel, 2018
Sereina Heim befasst sich in ihrem Buch damit, wie Seelenkinder die zurückgelassene Familie beeinflussen können. Seelenkiner sind Kinder, die nur ein paar Tage bis Wochen im Mutterleib verweilten - dazu zählen ebenfalls unbemerkte (Mehrlings-) Schwangerschaften. Ausgegangen wird dabei von einem systemischen Ansatz – jedes Kind hat seinen Platz in der Familie und diese unsichtbaren Netze bleiben bis über den Tod hinaus bestehen.
Im Buch werden Übungen vorgestellt, um in Kontakt mit dem Seelenkind zu kommen, und es erfolgen Denkanstöße zu Themen wie Schreibabys, Schlafprobleme, Hyperaktivität, Assistierte Fortpflanzung, sowie Krankheitssymptome.
Vielleicht erweckt das Buch bei manchen LeserInnen den Eindruck, dass sich viele Probleme auf ein Seelenkind zurückführen lässen – Ein Seelenkind ist aber nur eine von vielen möglichen Erklärungen, wenn Probleme auftauchen.
Pamela Natmessnig
Stilles Herz
Josephine Links, Beltz, 2021
Josephine Links teilt in diesem Buch ihre perönlichen Gedanken zur Trauer um ihr Kind, das sie bei der Geburt verloren hat. Zusätzlich verpackt sie ihre Erfahrungen auch in eine Geschichte.Diese Mischung aus Gedanken und Geschichte sind in kurzen Kapiteln aneinandergereiht und geben einen Einblick in die Höhen und Tiefen in dieser schwierigen Lebenssituation.
Ich finde, hier reichen auch wenige Worte aus um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich ein Leben verändern kann, wenn Geburt und Tod des eigenen Kindes zusammenfallen.
Josephine Links gelingt es, dieses schwierige und für manche unbeschreibliche Erleben für den*die Leser*in fühlbar zumachen. Man spürt unter anderem die Trauer, die Angst, die Stille und auch die Hoffnung und die Kraft, die nach einem Verlust möglich sind.
Lisi Weihs
Sternenschwester: Ein Buch für Geschwister und Eltern von tot geborenen Kindern
Doris Mayer, Mabuse, 2016
Um ein Kinderbuch über tot geborene Kinder zu schreiben, braucht man ein gewisses Maß an Mut und Feinfühligkeit. Doris Mayer als selbst betroffene Mutter hat ein kleines nettes Buch geschrieben, das ein hilfreicher Begleiter und Inspiration für die Familien, die eine ähnliche Geschichte hatten, sein kann.
Manchmal kann es schwer sein, mit den Kindern über traurige Erinnerungen zu reden, und es ist nicht immer leicht zu erklären, warum Mama oder Papa gerade traurig sind.
Kinder haben viele Fragen, die sie auch immer wieder gern wiederholen. Mit Hilfe dieses Buches können manche Fragen beantwortet werden - wobei ich die Leser im Voraus warnen muss, dass dieses Buch auch zu weiteren Fragezeichnungen führen kann. Es gibt in dem Text viele Fragen, die nicht beantwortet sind, weil einfach niemand die Antworte. kennt. Sternenschwester zeigt, dass es auch ganz normal ist, sich viel zu fragen, ohne eine klare Antwort zu bekommen. Manchmal brauchen wir eine Phantasiereise, um die Fragen zu beantworten und mit belastenden Trauersituationen besser umgehen zu können.
Sternenschwester kann man am Geburtstag des toten Kindes vorlesen, und es kann auch die betroffenen Familien ermutigen, eigene Rituale zu entwickeln. Geburtstag ist immer ein guter Zeitpunkt, etwas gemeinsam im Familienkreis zu unternehmen. Das tot geborene Kind hat auch seinen Geburtstag. Alle Familienmitglieder wissen, wann das ist, und haben Erinnerungen, die einen Platz bekommen sollten.
Obwohl Doris Mayer über Tod spricht, ist ihres Buch sehr buntfärbig. Dieses Buch kann man aber nicht wirklich als Bilderbuch nennen, weil die Illustrationen ziemlich abstrakt sind, was für die Kinder nicht so attraktiv sein muss. Anderseits bietet dieses Buch ein paar Seiten für selbst gemalte Bilder, wo die Kinder mit Eltern ihre Gefühle ausdrücken können. Für alle, die gern singen, hat Doris Meyer auch ein Lied über Sternenschwester geschrieben.
Ich muss leider sagen, dass ich dieses Buch als zu kurz empfunden habe. Das Nachwort ist fast gleich lang als der ganze Inhalt. Sternenschwester ist aber kein Buch, das man schnell lesen und zumachen kann. Ganz im Gegenteil! Es öffnet viel Raum für eine Diskussion über ein Baby, das einmal bei uns war, aber nicht mehr mit uns lebt.
Das Buch ist empfehlenswert für die Eltern, die vom frühen Tod ihres Kindes betroffen sind und über das verstorbene Baby erzählen wollen, aber nicht wissen, wo sie anfangen sollen.
Katarina Droppova
Jede 3. Frau. 25 Frauen erzählen von ihren Schwangerschaften ohne Happy End – und wie sie danach trotzdem ihren Weg gefunden haben
Natascha Sagorski, Verlag KomplettMedia, 2022
Natascha Sagorski ist durch Romane und Reisebücher bekannt geworden. Aufgrund eigener Betroffenheit hat sie nun ein Buch herausgegeben, in dem 24 betroffene Frauen, ein Mann und eine Gynäkologin über „Schwangerschaften ohne Happy End“ berichten. Jede dritte Frau, so wird geschätzt, erlebt mindestens einmal im Leben eine Schwangerschaft, die nicht mit der Geburt eines lebenden Kindes endet. Diese Tatsache wird am Buchcover bildlich dargestellt: In einer Menge unterschiedlichster Frauen hat jede dritte die Augen geschlossen und schaut traurig zu Boden.
Sehr hilfreich finde ich das Inhaltsverzeichnis. Im Kontakt mit betroffenen Eltern bestätigt sich immer wieder, dass diese nach möglichst ähnlichen Erfahrungen suchen. Sagorski verwendet Hashtags – u.a. #Fehlgeburt, #Ausschabung, #WiederholteFehlgeburten, #Solomama, #Stille Geburt, #UmgangMitGeschwistern, #AbschiedVomKinderwunsch -, anhand derer die Leserin auf den ersten Blick weiß, um welche Themen es im jeweiligen Bericht geht, welche Geschichten sie lesen und welche sie vielleicht auch überblättern möchte.
Die Erfahrungsberichte selbst werden nicht kommentiert. Ich bin über viele Aussagen gestolpert, denen ich nicht zustimme und die ich im direkten Gespräch mit Betroffenen nicht einfach so stehen lassen würde: So erzählt eine Frau, dass sie ihrer Tochter nichts von der Schwangerschaft erzählt und dass diese sie „Gott sei Dank auch nicht mitbekommen“ hätte. Eine andere betont, dass es ihr in der Folgeschwangerschaft geholfen hat, emotionale Distanz zum Baby zu wahren und sich abzulenken. Wieder eine andere schreibt: „Da es die fünfzehnte Woche war, konnte man noch eine Ausschabung durchführen und es musste keine stille Geburt eingeleitet werden.“ In einem Ratgeber müsste auf solche Aussagen näher eingegangen werden, in einer Beratung müsste man mit dem Gegenüber daran arbeiten. Im Erfahrungsbericht aber bleibt das Geschriebene so stehen. Jede Frau hat ihre Geschichte anders erlebt. Jede ist anders mit ihrer Situation und ihrer Trauer umgegangen.
So unterschiedlich die Erfahrungen waren, so ähnlich sind die Dinge, die allen Frauen geholfen haben: Verständnis, liebevolle Menschen, Austausch mit anderen Betroffenen, Rituale und die Möglichkeit, über das Erlebte zu sprechen bzw. zu schreiben. Dass es dieses Buch gibt und dass so offen über frühe Verluste und unerfüllten Kinderwunsch geschrieben wird, ist für betroffene Frauen sicher eine große Hilfe. Wichtig ist jedoch, Sagorskis Buch nicht als Ratgeber zu verstehen, sondern als das, was es ist: eine Sammlung von Erfahrungsberichten.
Petra Hainz
Wenn ein Kind nicht lebensfähig ist. Das Austragen der Schwangerschaft nach infauster pränataler Diagnose –Erfahrungen betroffener Frauen.
Katharina Rost, V&R unipress, 2015
Weitertragen. Wege nach pränataler Diagnose – Begleitbuch für Eltern, Angehörige und Fachpersonal
Kathrin Fezer Schadt und Carolin Erhardt-Seidl, edition riedenburg, 2018
Als Beraterin für pränatale Diagnostik habe ich immer wieder mit Eltern zu tun, die aufgrund einer Auffälligkeit bei ihrem ungeborenen Baby vor der Entscheidung zwischen spätem Schwangerschaftsabbruch und Weitertragen stehen. Der Schwangerschaftsabbruch ist bei schweren Behinderungen der häufigere Weg und wird von den betroffenen Eltern oft als präferierte Entscheidung empfunden. Die zwei Bücher, die ich hier vorstelle, möchten zur konstruktiven Diskussion über Alternativen anregen.
Das Buch „Wenn ein Kind nicht lebensfähig ist“ der Hebamme Katharine Rost beruht auf einer Studie mit Müttern, die ihr Kind nach infauster pränataler Diagnose ausgetragen haben. Wie gestalten sich die Entscheidungsprozesse, welche Schwierigkeiten sind dabei zu bewältigen, und welche Ressourcen befähigen die Frauen, ihre Kinder im Spannungsfeld von Geburt und Tod zu tragen? Informationen, Zahlen und Fakten über die Schwangerenvorsorge und Pränataldiagnostik (in Deutschland), über Fehlbildungsraten und die Häufigkeit infauster Prognosen leiten das Thema ein und sind interessant für alle, die mit werdenden Müttern in Kontakt sind.
Danach geht es um die Mitteilung einer schlechten Diagnose, den Ablauf der Untersuchungssituation und die Gestaltung der Diagnosemitteilung. Welche Rolle spielt die Formulierung? Was wird als hilfreich erlebt? Die Autorin stellt unterschiedliche Studien vor, die zeigen, dass vielen Frauen bereits bei der Diagnosemitteilung der zeitnahe Schwangerschaftsabbruch als »Lösung« aufgezeigt wird bzw. sie den Abbruch als die vom Diagnostiker bzw. der Diagnostikerin präferierte Entscheidung empfinden. Während sich die Frauen, die die Schwangerschaft abbrechen, von den behandelnden Ärzten und Ärztinnen gut versorgt fühlen, trifft dies nur auf einen Teil der Frauen zu, die sich für das Weitertragen entscheiden.
Das ist auch die Erfahrung von Kathrin Fezer Schadt und Carolin Erhardt-Seidl, den Autorinnen von „Weitertragen“. Sie möchten mit ihrem Buch eine Lücke schließen und Mütter bzw. Eltern unterstützen, die während der Schwangerschaft mit einem auffälligen Ergebnis konfrontiert sind. In ihrem Buch geht es nicht ausschließlich um Schwangerschaften nach infauster Diagnose, sondern auch um solche nach weniger schwerwiegenden oder unklaren Befunden.
Im ersten Teil des Buches werden, nach einer allgemeinen Erklärung der unterschiedlichen Untersuchungen, die üblichen Schritte der Diagnosestellung und der ersten Zeit danach erklärt. Dabei wird der Entscheidung selbst viel Raum gegeben und auf Alternativen wie Adoption, Pflegefamilien und anonyme Geburt eingegangen. Nach eigener Aussage wollen die Autorinnen kein „Anti-Abtreibungsbuch“ schreiben, sondern möglichst wertfrei den Handlungsspielraum betroffener Familien erweitern und Alternativen aufzeigen.
Nach dem Motto „Wir sind trotz allem schwanger“ beschäftigt sich der zweite Teil des Buches mit den üblichen Themen rund um die einzelnen Schwangerschaftstrimester, den Umgang mit Schmerzen bei der Geburt, Bonding, Stillen usw. Auf diese Weise möchte das Buch ein Schwangerschaftsratgeber für jene Frauen und Männer sein, die aufgrund einer traumatischen Erfahrung mit den allzu unbeschwerten Ratgebern nichts mehr anfangen können, sich aber trotzdem für den Verlauf von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett interessieren.
Im dritten Teil schließlich geht es um das Weiterleben – ob mit einem behinderten „Erdenkind“ oder nach dem Tod eines „Sternenkindes“. Abgerundet wird das Buch mit einem Kontaktverzeichnis, dem Hinweis auf Selbsthilfegruppen und der Vorlage für Briefe.
In seiner Vielseitigkeit und der Kombination von Erfahrungsberichten mit gut aufbereitetem Fachwissen ist das Buch ist für betroffene Eltern, Angehörige, Fachpersonen und Interessierte gleichermaßen zu empfehlen.
Petra Hainz
Mein unsichtbares Kind - Begleitbuch für Frauen, Angehörige und Fachpersonen vor und nach einem Schwangerschaftsabbruch
Heike Wolter, Edition Riedenburg, 2015
Nach Büchern und Erinnerungsalben für Eltern und Geschwister still geborener Babys wagt sich Heike Wolter an das heikle Thema Schwangerschaftsabbruch. Mit dem 2015 erschienen Buch „Mein unsichtbares Kind“ gelingt es ihr, so umfassend, sachlich und einfühlsam darüber zu schreiben, dass die Lektüre für Frauen bzw. Paare im Schwangerschaftskonflikt, Betroffene nach Schwangerschaftsabbruch, Angehörige und Fachpersonen gleichermaßen hilfreich ist.
Den ersten Teil des Buches machen Erfahrungsberichte betroffener Frauen und eines Mannes aus, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen dafür entschieden haben, eine (oder mehrere) Schwangerschaft(en) abzubrechen. Zehn Schwangerschaftsabbrüche erfolgten innerhalb der ersten 14 Wochen, sieben waren Spätabbrüche aus medizinischer Indikation. Die Berichte sind ganz unterschiedlich geschrieben und geben Einblick in den schwierigen Konflikt vor und die kontroversen Gefühle nach dem Eingriff.
Im zweiten Teil beleuchtet die Autorin den Schwangerschaftsabbruch aus unterschiedlichen Perspektiven, geht auf die Geschichte ebenso ein wie auf Philosophie und Religion und erklärt die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Indikationen sowie zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz (v.a. im Hinblick auf die Beratungspraxis).
Den größten Teil des Buches nimmt aber die Chronologie des Abbruchs ein – von der Entscheidungsfindung und Beratung über die Durchführung bis hin zu Verarbeitung, Erinnerung und Heilung. Die Autorin geht ausführlich auf die einzelnen Themen ein, macht Vorschläge und weist auf Erfahrungen hin, wirkt dabei aber an keiner Stelle bevormundend, sondern hebt die Individualität und die Mündigkeit jeder Betroffenen hervor.
Ein lesenswertes und interessantes Buch, auf das viele betroffene Frauen bestimmt schon gewartet haben.
Petra Hainz
Diese und viele andere Bücher gibt es in unserer Leihbibliothek!
Zu unseren Entlehnzeiten könnt ihr jederzeit hereinschneien, schmökern und euch beraten lassen.
Entlehnzeiten: Montag bis Freitag von 9.00-13.00 Uhr
Die Bücher können für die Dauer von 3 Wochen entliehen werden.
Entlehngebühren:
für Mitglieder: € 1,20
Verlängerung: € 0,40 pro Woche
für Nichtmitglieder: € 2,00
Verlängerung: € 0,70 pro Woche