Alleinerziehend, selbstbewusst und stark

von Univ.Prof. Dr. Matthias Franz, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Neurologie und Psychiatrie und Entwickler des „wir2“ Bindungstrainings für Alleinerziehende

Fischer & Gann, 2016

Der Autor wendet sich in seinem Buch direkt an alleinerziehende Elternteile, speziell an Mütter, die immer noch die große Mehrheit der Alleinerziehenden stellen. Er geht schon im Vorwort darauf ein, wie schwierig und anstrengend es im Alltag sein kann, ein Kind alleine groß zu ziehen und wie sehr er es als Bringschuld der Gesellschaft ansieht, Alleinerziehende zu unterstützen und nicht alleine zu lassen mit den großen Herausforderungen, denen sie sich täglich stellen müssen.

Die Situation, Tag für Tag alleine mit einem heranwachsenden Kind zu sein, beschreibt er als äußerst anstrengend und herausfordernd, und viele Reaktionen, wie Überforderung, Verzweiflung, Frust, Depression, usw... als ganz normale Reaktion auf sehr belastende Lebensumstände. Der Wunsch, alles richtig zu machen und alleine zu schaffen, setzt Alleinerziehende ständig unter Druck. Es entstehen Ängste, die durch die oft auch finanziell schwierige Lebenssituation ständig verstärkt werden. Sowohl bei den Müttern, als auch den Kindern kann dies langfristig zu sozialen, psychischen und somatischen Problemen führen.

Der Autor möchte dies durch mehr Unterstützung und konkretere Angebote für Alleinerziehende präventiv begleiten und hat daher ein spezielles Programm zur Förderung der Elternkompetenzen entwickelt, das in diesem Buch vorgestellt wird – das „wir2“ Bindungstraining.

Ein Kapitel widmet sich der emotionalen Entwicklung des Kindes, der Autor schreibt sehr gut verständlich und übersichtlich, wie eine „normale“ Entwicklung stattfinden kann, was Kinder dafür brauchen und was ihre Entwicklung stören oder sogar nachhaltig verzögern kann, bzw zu welchen konkreten Symptomen im Verhalten und den emotionalen Reaktionen eines Kindes es kommen kann. Er gibt konkrete Ratschläge, die mit einfachen Beispielen sehr anschaulich dargestellt werden.

In den weiteren Kapiteln geht er auf die Themen Bindung, emotionale Sicherheit und die Bewältigung von Trennung und Trauer ein. Es gibt einige Fallbeispiele aus seinem Therapiealltag, in denen zuerst eine Alleinerzieherin und ihre Problematik dargestellt werden und dann die Situation aus therapeutischer Sicht erläutert wird und auch auf mögliche Lösungswege eingegangen wird.

Ein ganzes Kapitel widmet sich dem „wir2“ Bindungstraining mit konkreten Übungen, die gut verständlich erklärt werden und sehr leicht umzusetzen sind.

Im letzten Kapitel möchte er allen Müttern die Angst vor dem Schritt in eine Psychotherapie nehmen und ermutigt sie dazu, Hilfe zu suchen und anzunehmen. Er stellt einige Therapieformen und ihre spezifische Arbeitsweise vor.

Ich würde das Buch allen Alleinerziehenden empfehlen, ich kann mir vorstellen, dass es sehr unterstützend und stärkend sein kann. Es gibt viele leicht umsetzbare konkrete Übungen und Lösungsvorschläge, aber es vermittelt auch gut die Botschaft, dass es okay ist, Unterstützung und Hilfe zu brauchen und aktiv zu suchen.

Auch für alle, die mit Alleinerziehenden beruflich zu tun haben, ist das Buch eine interessante Lektüre und empfehlenswert.

nk