Generation Kaiserschnitt

Michel Odent, kösel Verlag, 2014

Michel Odent schrieb vor vielen Jahren den Klassiker "Die sanfte Geburt". Dieses Buch revolutionierte die Geburtshilfe bis nach Österreich.

In den 50iger Jahren führte der Gynäkologe seine ersten Kaiserschnitte unter Vollnarkose durch.Die Mütter brauchten ein bis zwei Blutkonserven und die Operation dauerte ein bis zwei Stunden. Er war damals schon fortschrittlich, denn er öffnete die Gebärmutter im unteren Segment mit einem Querschnitt.

In den 90er Jahren entwickelte das OP Team am Hospital Misgav Ladach in Jerusalem eine neue Schnitttechnik. Das Ziel war es, unnötige Schnitte zu vermeiden, weniger Instrumente einzusetzen und mehr mit den Händen zu arbeiten. Die Vorteile dieser Methode waren enorm. Der Eingriff verkürzte sich auf durchschnittlich 25 Minuten. Der Blutverlust ist in etwa gleich hoch wie bei einer vaginalen Geburt. Die Narkose wurde verbessert. Die Wundheilung ist aufgrund gezielter Antibiotika-Gabe seltener mit Komplikationen verbunden. Die Mütter können nun nach 48 Stunden nach Hause gehen, vormals nach einer Woche. Der Kaiserschnitt wurde sicher.

Dieser Wandel brachte aber auch mit sich, dass die Kaiserschnittrate heutzutage bei 30 Prozent liegt. Nur mehr ca. 7% aller Frauen erleben bei uns eine Geburt ohne medizinische Intervention. Dieser Wandel bringt Konsequenzen mit sich, auch auf evolutionärer Ebene.

Odent führt sehr viele Studien an, die sich mit den Unterschieden der vaginalen Geburt oder mit dem Kaiserschnitt befassen. Er vergleicht den Menschen mit den Säugetieren, bringt die Epigenetik hinein, die Auswirkungen von Antibiotika unter der Sectio, die Virosphäre und Oxytocin. Er geht auf Ammenmärchen ein und auf die Hebammen, die früher neben der Frau strickten und heute immer etwas tun müssen. Es gibt keine Zeit mehr für eine natürliche Geburt.

Beim Lesen ist Odents lange berufliche Erfahrung und sein enormes Wissen spürbar. in diesem Buch schreibt er viel wissenschaftlicher als in seinen früheren Büchern. Er ist davon überzeugt, dass die hohe Kaiserschnittrate die Menschheit veränder wird und beschreibt erschreckende evolutionäre Konsequenzen.

"Im 20. Jahrhundert lernten wir, welche Bedürfnisse ein Baby hat. Hoffen wir, dass wir im 21. Jahrhundert lernen, welche Bedürfnisse die Schwangere hat."

Dem kann ich mich nur anschließen.

Das Buch ist eher für Fachpersonal gedacht, um Geburtsabläufe zu hinterfragen und zu überdenken. Es ist nicht für Mütter geeignet.

cv

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