Meine kleine Tochter wird nun vier Monate alt, und nur ich bin derzeit ihre ganze Welt.

Ihren geliebten Papa hat hat sie schon seit bald zwei Monaten nicht mehr gesehen. Mein Mann arbeitet als Arzt in einem Krankenhaus und war von Beginn an in die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Covid-19 involviert. Schon vor dem ersten Kontakt mit Patienten mit Corona hat er entschieden, vorübergehend zu seinem Bruder zu ziehen, um uns zu schützen, falls er sich in der Arbeit ansteckt. Daher waren meine Tochter und ich bereits lange vor der Ausgangsbeschränkung freiwillig in Selbstisolation. Wir haben die Großeltern nicht mehr besucht und auch keine Freunde mehr gesehen. Versorgt  wurden wurden wir weiterhin durch meinen Mann, der Lebensmittel vor der Tür abgestellt hat.

Von da an haben haben wir in unserer eigenen kleinen Blase gelebt. Ich hatte Angst davor, ganz alleine zu sein, weil es ja schon mit Unterstützung gar nicht so einfach war. Alles ist anders und neu mit einem  kleinen Baby. Papa hat sie in den Schlaf gesunge, wenn ich nicht mehr konnte. Und auch sonst hat er mir die Pausen geschaffen, die man manchmal als Mama einfach braucht. Wie soll das nur klappen?

Die ersten Tage waren wirklich schwer. Vor allem für meine Tochter, denn sie war ja noch so klein, und bei den Videocalls hat sie einfach nicht verstanden, warum der Papa sie nicht mehr hochnehmen kann, und hat herzzerreißend geweint und mit den Ärmchen gerudert. Auch für mich war es anfangs ziemlich schwer, bis ich mich an einen neuen Tagesablauf gewöhnt hatte. Ich habe versucht,  meinen Tag zu planen und ihm Struktur zu geben. Für ein bisschen Abwechslung habe ich telefoniert, aber auch Onlinekurse im Nanaya belegt.

Ich habe festgestellt, dass es mir gar nicht so schlecht geht so ganz alleine mit meiner Tochter. Davor gab es von einigen Seiten einen „Erwartungsdruck“, der dann auch auf mich übergegangen ist (das Schlafen sollte doch schon besser funktionieren). Oft konnte sich mein Umfeld mit gut gemeinten Ratschlägen nicht zurückhalten, die mich aber in meinen Mamagefühlen verunsichert haben (Stillprobleme und gut gemeinte Ratschläge – wer kennt das nicht?) . Dieser Druck war war mit einem einem Schlag weg. Ich habe mehr auf mein Mamagefühl gehört – und siehe da, das Stillen und das Schlafen waren viel entspannter und klappten dadurch auch besser.

Langsam haben wir uns an diese neue Situation gewöhnt und ich habe mich entspannt, denn es gab keine Verpflichtungen mehr und nichts was man verpassen hätte können (keine Besuche, , kein Shoppen, keine Feiern…) .

Bis zu dem Tag, als mein Mann tatsächlich an Covid -19 erkrankte. Wir haben zwar damit gerechnet, aber vorbereitet ist man dennoch nie. In der ersten Woche ging es ihm wirklich schlecht und wir haben haben uns große Sorgen gemacht. Das hat auch unsere Tochter gespürt. Es gab Momente, wo er uns gebraucht hätte, wir aber nicht bei ihm sein konnten… das war sehr schlimm. Er war versorgt, die Trennung von seiner Tochter jedoch und die Ungewissheit, wann er sie wiedersehen kann, waren zermürbend.

Mittlerweile hat er sich nach nun drei Wochen fast vollständig erholt. Dennoch ist seine Rückkehr zu uns noch offen, da er noch immer Covid -19 positiv ist.

Die Situation war war bzw. ist noch immer surreal, hat mir aber geholfen, meine Tochter viel besser kennenzulernen und mich ganz auf sie einzulassen. Wahrscheinlich  wäre das ohne Covid -19 ganz anders gelaufen.

Jetzt warten wir sehnsüchtig auf den Tag, an dem wir endlich wieder als Familie zusammen sein können! Wir haben viel aufzuholen!